Frankreich 2014
Der Nantes-Brest-Kanal in der französischen Bretagne
Was gibt es zu dieser weniger bekannten Schifffahrtsregion zu sagen? Eine schöne Natur, der Hauch der Geschichte auf Schritt und Tritt, wobei der Kanal selbst ein Zeugnis der Geschichte ist, ein guter Ausstattungskomfort für die Schifffahrt, hilfsbereite Menschen entlang der Wasserstraße… Der Nantes-Brest-Kanal (Canal de Nantes à Brest) verläuft durch die französische Bretagne von Osten nach Westen und bildet mit weiteren bretonischen Kanälen ein sehr interessantes Netz von Wasserstraßen, geradezu eine Herausforderungen für die „Feinschmecker“ unter den Binnenschiffern, zu denen in der ersten Juliwoche auch wir gehörten.
Dienstag
Einen Tag vorher übernahmen wir am Nachmittag das Boot, mit welchem wir die von uns geplante Reise absolvieren: Pénichette 935 von der Firma Locaboat Holidays. Mit ihm mussten wir uns nicht großartig bekanntmachen, denn auf diesem Typ waren wir bereits in Irland unterwegs, wirklich ein tadelloses „Hausboot“. Wir brechen bei anhaltendem Nebel vor neun Uhr auf, ungeduldige Schiffer müssen ein wenig ausharren, denn die Schleusen beginnen erst ab neun Uhr zu funktionieren. Der Ausgangsort ist St.-Martin-sur-Oust am 117. Flusskilometer. Jawohl, Flusskilometer, denn der größte Teil der Fahrt wird sich auf dem Fluss Oust abspielen. Die sechstägige Schifffahrt haben wir wie folgt geplant: 65 km hin, 65 km zurück, 31 Schleusen hin, 31 Schleusen zurück. Nach einer kurzen Mittagspause in Malestroit, Flusskilometer 132, gehen wir für die Nacht am kleinen Anlegesteg oberhalb der „Écluse“ No 30 Blond (Schleusenkammer) am Flusskilometer 146 vor Anker. Wir brauchen weder Vorräte noch Wasser und so ist dies ein idealer Ort.
Mittwoch
Die heutige Fahrt führt immer noch über den Fluss Oust. Nach 18 km und 11 Schleusen ankern wir über Nacht am Flusskilometer 164 bei Bocneuf-la-Rivière an einer kleinen Mole für ein Boot. Die Strecke schafften wir bequem, auch mit einer dreistündigen Rast in Josselin zum Auffüllen von Proviant und Wasser. Einige Worte über die schöne Stadt Josselin erst am „Freitag“. Nunmehr etwas zu den Schleusen. Diese befinden sich zumeist an eigenständigen kürzeren oder längeren, die Wehre umgehenden Kanälen. Sie haben in der Regel folgende Abmessungen: Länge 26 m und Breite 4,6 m bei einem durchschnittlichen Hub um zwei Meter. Die bei allen vorhandene Bedienung ist sehr hilfsbereit, wobei die Schleusenwärter auch bei manueller Bedienung reichlich rund um die Kammer laufen müssen. Sie arbeiten bis 18 Uhr und haben eine einstündige Mittagspause. Der Aufenthalt an den Schleusen ist nur geringfügig.
Donnerstag
Bis in die Stadt Rohan müssen wir weitere 18 km und 12 Schleusen überwinden. Dies ist jener Ort, an welchem wir morgen früh umdrehen und zurückfahren. Die Wasserstraße bilden nun häufiger als das Flussbett des Mäander bildenden Flusses Oust lange Abschnitte künstlicher Kanäle. Dann, wenige Kilometer hinter Rohan, „verliert“ sich der Oust völlig, während der künstliche Kanal mithilfe von zwölf unmittelbar aufeinanderfolgenden Schleusen um 70 Höhenmeter bis zur Wasserscheide zwischen dem Oust und einem weiteren Fluss ansteigt. Dorthin fahren wir jedoch nicht mehr. Über Nacht ankern wir in der Marina (Yachthafen) „Rohan-Port“, wo alle Dienstleistungen wie Trinkwasser, Strom und Duschen zur Verfügung stehen.
Freitag
Am Freitag begegneten wir bereits mehreren Sportbooten. Mit einer Yacht durchquerten wir alle 16 Schleusen bis nach Josselin, sodass wir in dieser Zeit freundschaftlichen Kontakt mit der Besatzung knüpften. Und Josselin selbst, wo wir bereits am Nachmittag eintrafen und wo wir beschlossen, an der komfortablen und mit allem Erforderlichen ausgestatteten Mole zu übernachten? Schon bei der „Hinfahrt“ faszinierte uns die sich langsam nähernde und eine der bekanntesten bretonischen Silhouetten, die gotische Burg des Geschlechts der Rohans aus dem 14. Jahrhundert, welches über dem Fluss Oust hoch emporragt. Dies ist wohl das größte Erlebnis bei der Fahrt auf diesem Abschnitt des Nantes-Brest-Kanals. Neben der Besichtigung der Burg sind auch ein Spaziergang und die Stadt Josselin selbst, mit ihren historischen Gassen und Fachwerkhäusern zu empfehlen – und zwar nicht nur bei der Besorgung von Einkäufen …
Samstag
Am Morgen verabschieden wir uns von dem romantischen Ankerplatz unterhalb des Schlosses von Josselin, und da ich bereits einen Tag vorher für neun Uhr das Öffnen der Schleuse in „Abwärtsrichtung“ vereinbart habe, können wir unsere Fahrt rasch fortsetzen. Wieder eröffnen sich uns herrliche Ausblicke – diesmal aus der Gegenrichtung. Wir übernachten an der städtischen Anlegestelle in Malestroit. Die Stadt ist eine Besichtigung wert … ein Bootsmann kann seine Zeit nicht nur auf dem Schiff verbringen … Auch die Mittagspause widmeten wir einem Spaziergang, diesmal durch das Städtchen Le Roc-Saint-André, wobei uns die Mole zum Anlegen sehr gelegen kam.
Sonntag
Der letzte Tag der Bootsfahrt, wir nähern uns St.-Martin-sur-Oust, der Plan der Fahrt wird restlos erfüllt werden. Am Ufer des Kanals gibt es stets etwas zu beobachten. Lieber verzichteten wir auf das rasche Passieren einer Schleuse, um einem „Massenausritt“ von etwa fünfzig Reitern am Kanalufer zuzusehen. Wir ankerten an den beschriebenen Molen und Ankerplätzen, doch gibt es auf dieser Wasserstraße weitaus mehr an ähnlichen und geeigneten Möglichkeiten, die auf der detaillierten Schiffskarte gut gekennzeichnet sind. Und selbstverständlich ist es möglich, in den künstlichen Kanalabschnitten mittels des Systems „An das Ufer stoßen, zwei Stahlpflöcke einschlagen und sich anbinden“ zu ankern.
Montag
Nach der kurzen und problemlosen morgendlichen Bootsübergabe begeben wir uns auf den Weg zu weiteren Sehenswürdigkeiten der Bretagne. Wir wollen zumindest „vom Festland“ aus weitere Orte der bretonischen Wasserwege begutachten. Die altehrwürdige Stadt Dinan am Fluss Rance, die bedeutende Wasserstraßenkreuzung Redon oder das überwältigende Ufer Granit Rose im Norden der Bretagne mit den vor Anker liegenden Yachten …
Canal de Nantes-Brest, Kurzer Exkurs in die Geschichte
Im Jahre 1783 schlägt der Graf von Kersanzon einen Ost-West-Kanal vor, der die Arsenale von Nantes, Loriet und Brest verbindet. Die Bauarbeiten beginnen im Jahre 1811 und der Abschnitt Nantes-Redon wird 1833 für die Schifffahrt freigeben, wobei die Verbindung Nantes-Brest schließlich im Jahre 1842 fertiggestellt wird.
Die Ausmaße dieser Baustelle: über 360 km schiffbare Wasserwege, im Wesentlichen kanalisierte Flüsse, aber auch drei künstliche Kanalabschnitte, um die Flusstäler miteinander zu verbinden. Es mussten 237 Schleusen, Speicherbecken und viele Brücken gebaut und tausende von Tonnen Erde mit den sehr begrenzten technischen Mitteln der damaligen Zeit bewegt werden.
Dies ist lediglich ein kurzer Bericht mit einigen Fotos zu unserer Fahrt auf dem Canal des Nantes à Brest. Sollten Sie einen weiteren attraktiven Schiffsurlaub planen, sollten Sie diese Region wirklich mit einrechnen. Sie werden bestimmt nicht enttäuscht sein…
Juni 2014
Charter: www.hausboty-bockl.cz