Die Reisen der Freunden des Canalboatings
„Beluga“ in Tschechien
„Wo willst du hin?“, fragte Manfred erstaunt, „nach Prag?“ Ja, nach Prag. Die Elbe zu Berg, dann in die Moldau bis Prag. Die Beschaffung der Flusskarten erwies sich als schwierig. Für die deutsche Elbe gibt es einen Törnführer, für die Labe wurde er neu aufgelegt, das erfuhren wir erst, als wir bereits in Tschechien waren. Die Elbe zu Berg zu fahren erwies sich als anstrengender als gedacht. Die wunderbaren alten Städte, wie Meißen und Dresden entschädigen den Bootsfahrer jedoch für alle Mühen. Der absolute Höhepunkt der Reise ist natürlich das canonartige Elbtal im Elbsandsteingebirge. Es ist einfach ein Märchen. Dieses Tal war jede Mühe wert. Es war eine faszinierende Fahrt. Aber die Strömung ist enorm. Wir kamen gerade noch mit 7 km zu Berg, obwohl Manfred den Motoren zusätzlich 200 Umdrehungen Schub gab.
Ab km 3,5 bildet die Flussmitte die Grenze zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik. Bei Kilometer 2 verbindet eine Fähre die Grenzorte Schöna am linken und Hrensko am rechten Ufer. Hier sind jede Menge Wechselstuben, ein Duty-free-Shop und gleich dahinter die ehemalige Zollstation, die heute geschlossen ist. Tschechien hat am europäischen Ufer angedockt, und Schengen sei Dank, fallen auch die Grenzkontrollen weg. Die Schlucht verbreitert sich zu einem Flusstal. Felsen treten zurück. Dörfer haben mehr Platz vor den grünen Bergen. Bei Kilometer 0 ist der deutsche Teil der Elbe endgültig zu Ende. Der tschechische Name der Elbe ist Labe. Die Labe ist von Melnik bis zur deutschen Grenze kilometriert. Beim Elbe-Kilometer 3,43 beginnt der Labe-Kilometer 109,27 und endet bei Melnik, dem Abzweig der Moldau mit Kilometer 0. So steht es überall. Doch die Labe wurde neu kilometriert. Unser erstes Kilometerschild: 730. Alle 500 m steht ein nagelneues Schild. Für uns hieß das umrechnen, an den Brücken, den Häfen, jeder prägnanten Stelle, um zu wissen wo wir überhaupt waren.
Die erste Stadt, die wir in Tschechien erreichten, war Decin, eine Industriestadt mit ellenlangen Verlade-Kais. Dann folgte Usti nab Labem mit einer futuristischen Straßenbrücke. Immer noch floss der Fluss hier mit ca. 8 km/h zu Tal. Wir liefen einem Schubverband auf. Er hatte ein Frachtschiff im Schlepp. Und sie schleppten sich wortwörtlich mit ca. 2 km/h zu Berg. Der Fluss war betonnt und hatte einige Engstellen. Dann erreichten wir die erste Schleuse. Manfred meldete sich über Funk, der VHF-Kanal stand kurz vor der Schleuse. Der Schleusenmeister zeigte uns grün. Wir konnten sofort einfahren. Die Schleuse entließ uns in eine seenartige Verbreiterung. Es war einfach wunderschön hier. Kleine Häuser zogen sich die Hänge hinauf wie auf einer Spielzeugeisenbahn. Segelboote lagen an provisorischen Stegen. Urlaubsstimmung überall. Und endlich wieder etwas weniger Strömung. Auch die nächste Schleuse nahmen wir problemlos und wieder alleine. Die Schleusen haben eine sehr pfiffige Art der Füllung. Sie lassen einfach das obere Tor ab und so kann das Wasser einströmen. Das gibt sehr wenig Verwirbelung. Kurz vor Litomerice ist auf Höhe von km 784 die Einfahrt in einen landschaftlich sehr reizvollen Baggersee mit vielen Inseln und einer richtigen Marina – www.marinalabe.cz. Hier kann man auch tanken. Landschaftlich reizvoll mit bewaldeten Berghängen, einfach ein fantastisches Panorama, hatte auch der weitere Flusslauf. Ab und an sah man noch einen Weinberg, aber interessanterweise auch Hopfengärten. Jeder Schleusenmeister meldete uns weiter und wir hatten keinerlei Aufenthalt. Ein Container-Terminal kündete die Stadt Melnik an. Hier, direkt unterhalb der Burg, mit ihren Weinbergterrassen, trifft die Moldau auf die Elbe… die Vltava auf die Labe. Man kann die Labe weiter bergwärts fahren, oder, wie wir, abbiegen in den Kanal Horin Richtung Moldau und Prag.
Der tschechische Name der Moldau ist Vltava. Aus dem germanischen Wilth-ahwa, was so viel wie „wildes, reißendes Wasser“ heißt. Für Optimisten ist sie das „Böhmische Meer“. Die Moldau mündet bei Melnik in die Elbe, doch ihr Unterlauf ist nur bedingt befahrbar, denn bei Kilometer 11,5 ist ein Wehr und verhindert die Weiterfahrt. Die Schifffahrt umfährt dieses Flussstück mit dem schnurgeraden Horin-Kanal. Bei km 1 erreichten wir „plavebni komora Horin“ – die Schleuse Horin. Sie ist ein Paradebeispiel alter Wasserbau-Kunst. Ganz aus Natursteinblöcken ist sie eine Augeweide. Die Landschaft auf unserem Weg – abwechslungsreich. Ein breites Tal, Rapsfelder, Obstplantagen, kaum Industrie, kleine Dörfer. Immer wieder eine Kirche, eine Burg, ein Kloster. Bewaldete Berghänge im Hintergrund. Dann wurde das Tal schmäler. Verstreut kleine Hexen-Häuschen vor schroffen Felsen. Das Tal ähnelte einer Schlucht. Dramatisch, romantisch, schön. Bei der neuen Marina Vltava rasteten wir – www.marinavltava.cz. Für 290 Kronen erhielten wir einen Nachtplatz an der Mole. Gut, dass wir bereits zu Hause 50 € in 1100 Kronen gewechselt haben. Es wurde eine ruhige Nacht. Am Morgen wunderbares Wetter. Reste der Fluss-Begradigung. Abgedeichtes Fahrwasser. Die Schleusenampeln sprangen jedes Mal sofort auf Grün, sowie wir nur in Sicht kamen. An die ehemaligen kleinen Schleusenkammern wurden riesige neue, doppeltbreite Kammern, angebaut. So entstanden eigentlich zwei Schleusen, die unabhängig von einander gefüllt werden können und der Umbau für große Schiffe ging preiswert ohne aufwändige Neubauten der Anlagen von statten. Wir wurden jeweils in der kleinen Kammer geschleust. Das Wasser kam meistens mittig und ersparte uns Gezerre.
Beginn der Großstadt Prag.31 km fließt der Fluss durch die Hauptstadt. Als wir in den Schleusenkanal der Schleuse Stvanice einbogen, dampfte über uns ein Zug über die Brücke. Dampfen ist wörtlich zu nehmen. Wann haben Sie das letzte Mal eine Dampflok im Einsatz gesehen? Können sie sie noch an den Geruch erinnern, der anschließend in der Luft liegt? Kindheitserinnerungen. Die Aussicht auf die Stadt von Bord aus hatte einen unvergesslichen Zauber. Hoch über der Stadt thront der Hradschin, die größte Burganlage der Welt – lt. Guinnes-Buch der Rekorde. Leider sieht man sie nicht durchgehend. Kirchtürme, Prachtbauten. Prag, die Stadt der goldenen Kuppeln? Ich sah nur grüne Kuppeln und Türme. Trotzdem schön. Inseln im Fluss, viele Brücken. Die Karlsbrücke, außer Burg und Astronomischer Uhr, das wohl bekannteste Bauwerk der Stadt. Anekdoten ranken sich um ihren Bau und Wiederaufbau. Direkt unterhalb der Brücke war ein Freilichttheater im Fluss. Dutzende von Rundfahrtbooten. Wir sollen nur keinen Funk einschalten, wenn wir durch die Stadt fahren, warnte unser tschechischer Freund Josef. Die Kapitäne untereinander wären nicht sehr höflich. Aber dann fiel ihm doch noch ein, dass wir ja eh nicht verständen was gesprochen wurde. Wir entgingen dem Getümmel jedoch, indem wir unsere Stadtrundfahrt auf die ganz frühen Morgenstunden legten.
Wir genossen den Anblick der Stadt, natürlich nicht nur von Bord aus. Um Beluga während unserer Abwesenheit sicher versorgt zu wissen, entschieden wir uns für den öffentlichen Hafen Holesovice bei km 47,4. Hier betreibt die Firma Imramovsky eine Steganlage und in einem umgebauten Schiff eine Bootsausrüstung. Sie bieten das komplette Vetus-Programm an – www.imramovsky-marine.cz Sehr hilfsbereit versorgten sie uns auch mit Strom und Wasser und wir zahlten pro Nacht 7 €. Zu Fuß zur Altstadt war es zu weit. Da halfen nur Taxi oder Tram. Aber den vietnamesischen Basar in einer ehemaligen Schlachtfabrik konnten wir gut zu Fuß erreichen. Man darf ihn nicht verpassen, er ist sensationell und riesig. Man besucht Tschechien auch um die typische böhmische Küche kennenzulernen. „Die Suppe ist der Grund … und Fleisch dann der Spund“, besagt eine alte böhmische Küchenregel. Prager Schinken, böhmische Buchteln, Gulas, böhmische Knödel – knedlíky -, mährische Krautsuppe -Zelná polévka -. Spülen Sie einfach mit einem Becherovka nach. Und natürlich Bier (pivo). Wo kommt es denn her, unser kühles Pils? Aus Pilsen natürlich. Pilsner Urquell wird immer noch hier gebraut und geht in den Export – zu uns. Und Budweiser!? Wer kennt es nicht?!
Um ein Land oder eine Stadt kennenzulernen reichen einige Urlaubstage nicht aus. Prag ist ein lebendiges Freilichtmuseum. Wenn nur die für mich schwierige Sprache nicht wäre. Doch mittlerweile gibt es viele, die englisch sprechen und einige sogar noch – oder wieder – deutsch. Schmerzlich vermisst habe ich den Euro. Wie einfach ist es doch, wenn alle die gleiche Währung haben und das umständliche Wechseln und Umrechnen wegfällt. Halten sie es wie die Tschechen: „ Nehmen sie das Leben nicht zu ernst, sie kommen eh nicht lebendig davon!“
Von Doris Sutter
Auf dem Doubs und Kanal Rhein-Rhône
Der Doubs ist einer der schönsten Flüsse Frankreichs. Schiffbar wurde er mit Unterstützung des Rhein-Rhône-Kanals. Dass er trotzdem immer noch wie ein unberührter natürlicher Flusslauf wirkt, liegt an der raffinierten Symbiose von Fluss, Wehren, Schleusen und Kanal.
Der Doubs entspringt im Schweizer Jura und hat sich ein tiefes Bett zwischen Jura und Vogesen durch die Franch-Comté gegraben. Da, wo er besonders wilde Mäander durch felsiges Gebiet gegraben hat, wurde er mit kurzen Stichkanälen abgekürzt. Doch meist sind die Schleusen recht unscheinbar neben einem Wehr. Das macht ihn für die Sportschifffahrt zu einem schwierigen Fluss. Bei hohem Wasserstand schießt das Wasser wild über die Wehre und übt einen ungeheuren Sog auf die Boote aus.
Sein Lauf zwischen Dole und der Einmündung in die Saône bei Verdun-sur-le-Doubs ist nicht durchgehend befahrbar. Deswegen wurde von der Saône bei St. Symphorien in der Nähe von St.Jean-de-Losne bis Dôle ein Kanal gegraben, der Beginn des Rhein-Rhône-Kanals. Außer der ersten, der Schleuse 75, die bemannt ist, sind die Schleusen bis Dôle automatisiert. An Schleuse 75 erhält man ein elektronisches Bedienungsgerät um die Automatik selbst in Gang zu setzen. Die noch erhaltenen Schleusenhäuser stehen direkt auf der Schleusenmauer, keine zwei Fuß breit von ihr entfernt. Obwohl die bewaldete Umgebung recht hübsch ist, kann man nicht behaupten, dass es eine gemütliche Fahrt ist. Die Schütze in den Schleusentoren lassen das Wasser in ungebremster Wucht in die Schleuse. Da hat man alle Hände voll zu tun. Nach kurzer Zeit erreicht man ein Industriegebiet und nach Schleuse 68 macht man kurz vor Dôle die erste Bekanntschaft mit dem Doubs. Meist hebt sie nur einige wenige Zentimeter, vielleicht heißt sie deshalb „La Prise d’Eau“.
236 km und 112 Schleusen, davon zwei mit je zwei Kammern, dazu kommen 5 Flutschleusen und 10 Sperrtore, die bei Bedarf eingesetzt werden, 2 Tunnel, mehrere Engstellen, Klappbrücken und Wehre machen die Fahrt für den Wasserwanderer zu einem Abenteuer. Besonders bei hohem Wasserstand. Auf den 140 km von der Saône bis L’Isle-sur-le-Doubs fährt man 80 km im Doubs selber, der Rest ist Kanal. Und dieser Wechsel von Fluss und Kanalstück ist besonders reizvoll. Vor einigen Schleusen liegen neue Schwimmstege im Doubs um das Warten zu erleichtern. Trotz automatischer Schleusen wird die Hebebrücke in der Engstelle hinter Ecluse 62 (sie heißt wohl nicht umsonst Ecluse Moulin des Malades) noch manuell von einem Schleusenwärter bedient. Bei unglücklicher Zeitwahl in der Mittagspause von halb eins bis halb zwei hängt man hier fest.
Der halte nautic de Ranchot liegt zwischen zwei Engstellen. Hier muss jeder seine Geschwindigkeit drosseln. Ein guter Platz für einige Tage Rast. Leider haben ein paar Lausbuben der Umgebung als neuestes Spiel „Boote abbinden“ entdeckt. Alle Boote trieben nachts um 2 Uhr kreuz und quer im Kanal, die Stromkabel teilweise abgerissen, eine Persenninge beschädigt, fast keines ohne Kratzer. Glücklicherweise hatte es keinen Wind, sonst wären die Schäden größer gewesen. Wir wären nicht die ersten sagt uns der Polizist, als er unsere Anzeige aufnimmt. So werden wir denn auch künftig im Kanal zusätzlich unseren Anker fallen lassen.Eine winzige Taschenalarmanlage mit einer Angelschnur zwischen Boot und Poller befestigt, hätte uns rechtzeitig gewarnt. Das Trinkwasser in Ranchot war 2007 stark rostig. Unser Vorfilter war schwarz. Wir mussten hier einen Tag länger ausharren, weil die Schleusung im Fluss wegen Hochwasser eingestellt wurde.
Von nun an wird das Tal des Doubs immer schöner, dramatischer. Schroffe Sandsteinklippen und tiefe Wälder säumen seinen Weg. So wie die Schönheit des Tales zunimmt, werden die Schleusen schwieriger. Sehr hohe Schleusenmauern mit sehr wenigen Pollern, tiefe torähnliche Aussparungen in denen die Fender verschwinden. Man muss sehr wachsam sein. Das Hochwasser des Doubs machte uns die Fahrt nicht leichter. Viele Flutschleusen und – tore sind geschlossen. Das Wasser sprudelt wild über die Wehre, die oftmals unmittelbar neben den Schleusen sind. Besancon darf man sich unter keinen Umständen entgehen lassen. Schon von weitem sieht man die Citadelle hoch oben über der Stadt. Sie gibt dem Tal ein ganz besonderes Flair. Der Doubs macht hier eine Schleife. Ein Tunnel verbindet ihn und lässt Besancon auf einer Insel liegen. Keine Angst vor dem Boucle. Wir sind ihn schon mehrere Male gefahren, bei extremem Niedrigwasser und bei sehr hohem Wasserstand. Man muss peinlich genau im betonnten Fahrwasser bleiben und die Kurven darf man nicht schnippeln. Wir hatten hier noch nie Grundberührung. Vor der Schleuse zum Tunnel liegt jetzt ein neuer Steiger. Es würden einige Sportboote daran passen, wenn nicht ein holländischer Riesen-Kaffeedampfer den Platz von 2 Sportbooten einnehmen würde.
Wir bekommen eine lange Etappe, als wir feststellen, dass der Doubs den Steiger in Novillars mitgenommen hat. Entsprechend voll ist der Anleger in Deluze. Es würden allerdings noch gut zwei Boote mehr daran passen, wenn alle schön aufrücken würden. Manche lernen es nie! Der neue Port de Plaisance in Baume-les-Dames ist gerade mal 2 Jahre alt, aber Dauerlieger und das Ausflugsboot nehmen viel Platz weg. Dadurch ist nur noch die Hälfte der Plätze für Durchreisende nutzbar. Quel dommage! Wie schade! Hier ist nämlich ein idealer Ort um sich mit Freunden zu treffen. Ein großer Wohnmobilstellplatz und ein Campingplatz grenzen unmittelbar an den Port. Baume-les-Dames ist ein zauberhafter kleiner Ort mit ruhigem Charme und allen Einkaufsmöglichkeiten. Ein Supermarkt am Doubs, ein Lidl und ein tolles Fleischgeschäft in der Oberstadt. Das Office de Tourisme bietet sogar einen E-Mail-Zugang an. Donnerstags ist ein großer Verbrauchermarkt rund um die Eglise Saint Martin.Es ist auch ein guter Platz für eine Wanderung in die umliegenden Wälder.
Brombeersträucher, Haselnussbüsche, Walnussbäume wachsen üppig an den Ufern von Kanal und Fluss. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Samstagnacht um 1 geht in Belugas Ruderhaus das Licht aus. Wir haben nicht etwa die Sicherung rausgehauen, nein, unser Stecker wurde gezogen. Das Boot hinter uns ist bereits losgebunden. Nur weil uns der Spätfilm wach gehalten hat, konnten wir verhindern, dass mal wieder der ganze Hafen in Bewegung geriet. Natürlich waren die Lausbuben schon wieder über alle Berge.Im Vorjahr hatte die Polizei 8 Einsätze wegen abgebundener Boote im Hafen.
Weiter geht es wieder in einem aufregenden, von hohen Felsen gesäumten Teil des Doubs. Auch hier wurden an vielen Schleusen Haltesteiger eingerichtet. In Clerval anzulegen ist nur kleineren, flach gehenden Boote zu empfehlen. Hat der Doubs wenig Wasser ist es vor der Anlage untief, hat er viel Wasser, steht sehr starke Strömung auf dem Steiger. Zwischen den Schleusen 26 und 22 ist äußerte Vorsicht geboten. Bei höherem Wasserstand stimmen die Brückenhöhen nicht. An der Eisenbahnbrücke hinter Schleuse 23, die lt. Karte 3,65 m hoch sein soll, haben wir schon 3,30 m gemessen. Die nächste kritische Stelle ist nach der Ecluse de gard 18. Hier gibt der Doubs ein letztes Gastspiel. An einer seenartigen Verbreiterung quert er den Kanal. Selbst wenn er wenig Wasser hat versucht die Strömung das Heck der Boote Richtung Wehr zu ziehen. Wenige Kilometer weiter erreicht man Montbéliard.
Als hätte man einen Schalter umgelegt verändern sich die Dörfer. Hier sind wir nicht mehr in Frankreich. Auf jeden Fall nicht mehr im französischen Frankreich der ungenauen Präzision. Die Häuser sind bunt und gepflegt, die Gärten wie mit der Nagelschere manikürt. Die Kirchtürme nicht mehr Glockenblumenförmig mit bunt-glasierten Ziegeln. Selbst der Kanal wirkt aufgeräumter. Steckenweise ist er ausgebaggert. An Schleuse 8 müssen wir unsere Fernbedienung abgeben. Jetzt werden alle Schleusen von einem Schleusenwärter bedient. Außerhalb der Haupturlaubszeit begleitet er das Boot mit dem Mofa.
Es ist eine geruhsame Fahrt durch eine genauso geruhsame Landschaft. Richtig spannend ist nur die kurze Strecke wenn der Kanal durch das Bett des Allan führt. Mit der blumengeschmückten Ecluse 3 Montreux-Chateau hat man die Wasserscheide Rhein-Rhone und das Ende der Franche-Comté erreicht. Ein paar Tage Rast sollte man auf der Scheitelhaltung einlegen. Für 5€ zieht man einen Jeton, der Strom und Wasser 24 Stunden freischaltet. Sonst ist anlegen hier kostenlos. 14 Schleusen auf einer Strecke von ca. 4 Kilometern, davon 10 gedrängt auf 2 km bringen uns 32 Höhenmeter runter nach Dannemarie im Sundgau, dem südlichsten Teil des Elsass. Wir sind noch nie hier angekommen, ohne dass uns jemand, meist die Hafenmeisterin Anne-Marie Stéphan-Meyer selbst, in Empfang genommen hat.
Diese ganz neu erbaute Schleuse ist eigentlich eine Zumutung. Sie leert sich in einer für das Auge kaum erkennbaren Geschwindigkeit und genauso geht das teure Guillotinentor im Unterwasser nach oben. Schleuse Niffer überprüft unsere Vignette, weil das Schreiben des Schleusenmeisters der vorherigen Schleuse uns als Zechpreller ausweist. Erst ein Telefonanruf in Straßburg klärt, dass unsere 4-Monats-Vignette nicht am 15.6. abgelaufen war, sondern erst begann.
Vive la France!
Von Doris Sutter
Donnerstag, 20.10.05
Im Internet entdecke ich bei Kuhnle eine Überführungsfahrt einer Komoran 950 von Berlin zur Müritz. Noch in Erinnerungen schwelgend von unserem Bootsurlaub in Holland, bekommen wir natürlich sofort wieder Lust. Wir müssen uns sofort entscheiden, denn der Termin lautet: sofort. Der günstige Preis reizte und einmal über die Spree durch Berlin zu fahren. Abends hatten wir die Buchungsunterlagen per Fax und fingen an zu packen. Einen Tag hatten wir Zeit, am Samstag wollten wir losfahren: 750 km vom Schwarzwald zum Zeuthener See zur Basis von Kuhnle.
Von unserem Urlaub 2004 hatten wir noch den Törnatlas und ein paar Unterlagen. Hilfreich war auch unser Water-Guide, mit dem man die Wasserrouten berechnen lassen kann und eine ausführliche Tabelle mit allen Angaben über Schleusen, km, Strömung, Telefonnummern u.s.w. erhält.
Samstag – Sonntag, 23-24.10.05
Unsere Anreise war mit diversen Autobahnsperrungen und Staus verbunden. Gegen 15.30 erreichten wir am Samstag die Basis von Kuhnle am Zeuthener See. Es begann leicht zu regnen und der Mann von Kuhnle war gar nicht so erfreut, daß wir ihn störten. Mini Einweisung, Formalitäten erledigen und schon waren wir alleine mit unserem Schiff.
Wir verbrachten den abend auf der Damerow und wollten am nächsten morgen losfahren. Auspacken, einräumen, noch mal den Törnatlas studieren. Leider hat der Komoran 950 keinen Landanschluß für Strom, so ließen wir den Motor an, damit wir die Heizung anstellen konnten. Um acht lagen wir in der Koje …
… und waren somit am Sonntag frühzeitig wach. Nach dem Frühstück hieß es gleich Leinen los, Berlin wir kommen. Die ersten km regnete es leicht, über den Zeuthener See, Dahme, Langer See, bei Köpenick in die Spree. Je näher wir der Innenstadt kamen, desto mehr Schiffe – Ausflugsdampfer – begegneten uns. Es war Sonntag und die Stadt so richtig voll. Zwischendurch ließ sich sogar die Sonne blicken.
Kurz vor den Spreebögen die Mühlendammschleuse. Wir mußten nur kurz warten und konnten dann einfahren, vorbei am Regierungsviertel, Siegessäule Richtung Schleuse Charlottenburg. Direkt nach der Schleuse legten wir für die Nacht an. Ein tolles Erlebnis diese Fahrt durch Berlin – das einzig Negative an diesem Tag: ein paar Jugendliche bewarfen uns von einer Brücke aus mit dicken Sandklumpen.
Montag, 24.10.05
Ein anstrengender Tag lag vor uns. 8 Stunden am Ruder, 4 Schleusen, 53 km. Wir wechselten uns beim Fahren ab. Nach den letzten Kilometern Spree bogen wir steuerbord in die Havel, die Schleuse Spandau lag vor uns. Wir kamen auf die Idee immer so 2 Km vor einer Schleuse dort anzurufen und uns anzumelden. Das hatte den angenehmen Effekt, daß man die Schleusentore öffnete und wir gleich einfahren konnten. Je nach Höhe dauert so ein Schleusengang 10 bis 20 Minuten.
Über den Eiswerder ging es in den Niederneuendorfer See und dann in die Havel-Oder-Wasserstraße. 30 km bis zum Havel-Oder-Dreieck und dort backbord in die Obere Havel-Wasserstraße.
Die Herbstlandschaft wirkt vom Wasser aus noch schöner. Wir entdeckten Fischotter und Rehe, die direkt am Ufer standen und aus dem Kanal tranken. Nur wenige Schiffe begegneten uns. Eine himmlische Ruhe. Alle paar Kilometer mal ein Dorf, bestehend aus 4-5 Häusern, dann und wann mal Fabriken am Ufer. Aber ansonsten ist man alleine mit der Natur.
Während der Schleusung in Liebenwalde hatten wir eine nette Unterhaltung mit dem Schleusenwärter. Er war so nett, uns gleich bei der nächsten Schleuse (Bischofswerder) anzumelden. Nach der Schleuse legten wir an und übernachteten dort. Keine Laternen in der Nähe, es wurde bald dunkel. Wir saßen noch etwas auf der Brücke und schauten uns die Route für den nächsten Tag an.
Dienstag, 25.10.05
wieder bewölkt und etwas Regen. Wir waren früh munter und legten gleich nach dem Frühstück ab. Der Kanal war glatt wie ein Spiegel. Natur pur lag heute vor uns und eine Kurvenreiche Fahrt auf der Oberen Havel-Wasserstrasse. 5 Schleusen, davon 4 mit Selbstbedienung. Gleich in Zehdenick ging es los. Wir suchten eine Weile, bis wir die Stange mit dem Hebel zum öffnen der Schleusentore fanden. Es klappte, einfahren und in der Schleuse möglichst am Hebel zum Öffnen stoppen. Gewöhnungsbedürftig aber nach ein paar Schleusengängen hatten wir den Bogen raus. Ziel war für heute Bredereiche. um 16.00 Uhr legten wir im Hafen „Bootshaus Bredereiche“ an. Das erste Mal, daß wir schon nachmittags unser Ziel erreicht hatten. Wir bummelten durch den Ort: Edeka, Bäcker, Metzger alles vorhanden.
In der Gaststätte „Bootshaus “ bekamen wir ein leckeres Abendessen (siehe Gaststätten-Tipps) und plauderten lange mit der Wirtin. Den Rest des abends verbrachten wir wieder auf dem Schiff mit Brückenillumination (5 Teelichter).
Mittwoch, 26.10.05
Heute war es zwar noch bewölkt aber es regnete nicht mehr. Unsere Route führte uns heute von Bredereiche über Fürstenberg bis vor die Schleuse Strasen. Bis zum Stolpesee ist es eine wildromantische, sehr kurvige Strecke. Mit 10 km schipperten wir durch den Kanal und genossen die Landschaft. Auf dem Stolpesee wurde es recht windig. Die Seen in der Müritzgegend sind sehr gut betonnt. Schon von weitem erkennt man die Hinweisschilder auf die Einfahrt in den Kanal. Nach 2 Std. hatten wir Fürstenberg erreicht. Nach der Schleuse legten wir an und unternahmen eine Ortsbesichtigung. Ende Oktober ist es schon sehr ruhig hier. Wir staunten wieder über die günstigen Einkaufspreise im Osten (2 süße Teilchen für 1 €). Einkaufsmöglichkeiten gibt es im Ort genügend.
In der Bahnhofstr. entdeckten wir das Lokal „Zur Goldenen Kugel“ – unscheinbar von außen aber sehr schön innen (siehe auch Gaststätten-Tipps). So eine richtig gemütliche Kneipe. Und essen kann man dort auch. Ein paar Kleinigkeiten und immer 2 Tagesgerichte – sehr billig. Großes Kotelette mit Bohnen und Kartoffeln für 3 €. Sehr lecker war auch die rote Brause vom Faß nach Original DDR Rezept. Der Wirt (weiß gar nicht wie er heißt) war so nett und füllte mir eine Flasche ab. Nach einer netten Unterhaltung gingen wir wieder an Bord und es hieß „Leinen los“.
Die Seenstrecke lag nun vor uns. Ich persönlich finde es schöner über die Kanäle zu fahren. Röblinsee, Schleuse Steinhavel, Menowsee, Ellbogensee bis vor die Schleuse von Strasen. Es wurde wieder sehr windig und wir waren froh, als wir kurz vor 16 Uhr vor der Schleuse anlegen konnten. Unsere Ortsbesichtigung war schnell erledigt. Nur ein paar Häuser aber dafür ein Fischverkauf, wo wir einen geräucherten Aal bekamen. In der Gaststätte im Ort „zu den Eichen“ fühlten wir uns nicht sehr wohl, so verbrachten wir den Rest des Tages auf dem Schiff bei Linsensuppe mit Würstchen und dem Gute-Nacht-Bierchen.
Donnerstag – Freitag , 27.-28.10.05
Endlich Sonne, kaum Wind und wärmer. Über die Pälitzseen, Canower See, Schleuse Canow, Labussee, Schleuse Diemitz näherten wir uns den Gewässern, die wir schon vom Urlaub 2004 kannten. Wir hatten die Müritz-Havel-Wasserstrasse erreicht. In Mirow machten wir Mittagspause und legten beim Strandrestaurant Mirow an (siehe auch Gaststättentips). Das Essen war wieder sehr lecker. Fischplatte Mirower Art, die Teller sehr voll und günstig und mit der Frau des Chef’s (nicht Chefin, darauf bestand Sie) haben wir uns sehr nett unterhalten. Nach einem Stadtbummel legten wir ab und schipperten gen Granzower Möschen. Hier ist eine Basis von Kuhnle, wo um diese Jahreszeit nichts mehr los ist.
Angrenzend an den Anleger die große Anlage des Feriendorfes mit Lokalen und Einkaufsmöglichkeiten.
Sonnenschein und blauer Himmel, warm, wenig Wind – wir genossen den Rest des Tages auf Deck, wo reichlich Platz für Tisch und Stühle ist. Schnell hatte es sich in der Tierwelt herumgesprochen, daß Neue da sind. Im Nu waren wir von Schwänen und Enten umgeben, die sich über die Reste unseres Brotes freuten. Einfach herrlich dieses Fleckchen Erde.
Freitag: der letzte Tag unserer Reise, die letzten 21 km und die letzte Schleuse in Mirow. Eigentlich wollten wir noch einen Abstecher nach Buchholz machen, aber wir entschieden uns dafür, gleich nach Claassee durchzufahren und dort die letzten Stunden auf dem Schiff zu verbringen. 3 Stunden benötigten wir. Die Schleusenwärterin bei der Mirower Schleuse war so nett, auf uns zu warten (wir hatten wieder kurz vorher angerufen). Noch ein paar km Müritz-Havel-Wasserstr. , über die kleine Müritz und Müritz nach Claassee. Zur Mittagszeit legten wir im Hafendorf an – es war dort recht windig und wir bekamen leichte Probleme – die Komoran 950 hat weder Bug- noch Heckstrahlruder.
Im Captain’s Inn aßen wir zu Mittag. Das Essen war sehr gut aber irgendwie fehlt hier der Kontakt zu Wirt und Personal. Man kommt nicht ins Gespräch.
Nachmittags liefen wir noch eine Runde durch das Hafendorf (es wird immer noch gebaut), gingen noch auf ein Bierchen ins Captain’s Inn und zurück an Bord hieß es packen. Noch eine Nacht auf dem Schiff, am nächsten Morgen erfolgte noch die Abnahme des Schiffes und die Bezahlung der Betriebsstunden. 40 Stunden hatten wir auf dem Konto = 228 € Spritkosten – ganz schön happig fanden wir.
Fazit: eine tolle Woche, viel gelernt was das Handling eines Hausbootes betrifft und keine Angst mehr vorm Schleusen.
October 2005
Text und Fotos: Angelika Berndt
Charter: www.kuhnle-tours.de