Polen 2013
Herbstliche tschechisch-polnische „Expedition 2013“
Die „Expedition 2013 Vistula“, die genauso wie im letzten Jahr vom Łukasz Krajewski (www.zeglugawislana.pl) veranstaltet wurde, hatte ambitionierte Ziele: Gdańsk, Bydgoszcz, Berlin, Hamburg, Bremen, Berlin, Konin … einschließlich eines Zwischenaufenthalts auf der Messe „Boot Berlin 2013“. Die Aufgabe der Expeditionen besteht darin, neue Wasserwege zu erkunden, über sie zu berichten und gleichzeitig die Fähigkeiten und die Ausdauer der Motoryacht „Vistula“ zu testen.
Die tschechischen Mitglieder der Expeditionsbesatzung – Josef und Honza, haben das Boot staffelweise im polnischen Bydgoszcz übernommen, um es nach Wittenberge an der Elbe zu bringen. In 13 Tagen haben wir 680 km zurückgelegt und dabei 31 Schleusen sowie ein Schiffshebewerk überwunden. Hier finden Sie eine Kurzbeschreibung unserer Bootsfahrt …
Montag, 7. Oktober: Auslaufen aus Bydgoszcz
Vom Stadtkai in Bydgoszcz fahren wir im Morgengrauen die Brda flussaufwärts. Schon nach ein paar Hundert Metern erwartet uns die erste Schleuse, die „Śluza Miejska“, und nach weiteren zwei Kilometern die „Śluza Okole“, durch die wir den Kanal Bydgoszcz erreichen. Dieser Kanal überwindet die Wasserscheide zwischen den Flüssen Wisla und Notec. Der nicht besonders breite Kanal verfügt über sechs Schleusen. Über die letzte von ihnen, die „Śluza Naklo Wschod“, erreichen wir nach 30 km Fahrt irgendwann gegen Mittag den Fluss Notec. Die Notec fließt langsam, wir haben es mit einem dichten Wasserpflanzenwuchs zu tun. Der Fluss ist mit bedienten Schleusen der Abmaße 57 x 9,6 m staugeregelt, auch wenn das Bedienpersonal die Pflege ein wenig vernachlässigt und das „Oberwasser“ mit angeschwemmten Pflanzen verschmutzt ist. Etwa nach 60 km Fahrt übernachten wir direkt in der „Śluza Krostkowo“.
Dienstag, 8. Oktober: Notec und Marina Czarnkow
Wir fahren weiter auf der Notec, das Wetter ist angenehm, ein klassischer Altweibersommer. Etwa nach 65 km und weiteren fünf Schleusen erreichen wir die „Marina Czarnkow“. Da staunen wir! Ein moderner Hafen mit aller erdenklichen Ausstattung, eine Tankmöglichkeit bei der etwa 200 m entfernten Tankstelle. Ein angenehmer Empfang vom „Hafenmeister“. In der Marina befindet sich auch die Bootscharter-Basis unseres Freundes Tomasz Milewski, wo man ein Boot für den gesamten Großpolen-Ring „Wielka Pętla Wielkopolska“ mieten kann. Wir gehen in die Stadt, um die Vorräte aufzufüllen.
Mittwoch, 9. Oktober: Immer noch auf der Notec
Auf der Notec legen wir insgesamt 185 km zurück. Es ist noch hinzufügen, dass für alle Schleusen eine Gebühr von 6,92 Zl anfällt. Unsere heutige Route beenden wir nach Plan erneut in einer sehr schönen Marina, der „Marina Yndzel Drawsko“ am Flusskilometer 176. Die Marina ist jedoch nach der Saison schon „außer Betrieb“, und so legen wir hier nur an.
Donnerstag, 10. Oktober: Von der Notec auf die Warta
Bei Santok, auf ihrem letzten Flusskilometer 225, fließt die Notec in die wesentlich mächtigere Warta, die auf dem Weg in die Oder nicht mehr staugeregelt ist. Sie fließt ungehindert, die Ufer sind nur „einige Zentimeter“ hoch und die Deiche an beiden Ufern deuten darauf hin, dass der Fluss ab und zu gerne sein Flussbett verlässt. Ein paar Kilometer hinter dem Zusammenfluss liegt die Großstadt Gorzów Wielkopolski, in der wir übernachten möchten. Der Stadtkai gefällt uns nicht besonders, deshalb fahren wir etwa 4 km weiter „runter“, zu einer gerade gebauten supermodernen Marina. Diese soll zwar erst im Frühjahr eröffnet werden, wir können hier aber mit allem Komfort vor Anker gehen.
Freitag, 11. Oktober: Wir verlassen die polnischen Gewässer
Wir legen die letzten 50 km auf den polnischen Gewässern zurück. Am Abend müssen wir in „Kostrzyn nad Odrą“ sein, wo wir das dritte Mitglied der Besatzung, Martin, treffen sollen. Martin Němec ist ein erfahrener Kapitän und betreibt einen Bootscharter auf dem Bata-Kanal (www.plavebni.cz). In Kostrzyn legen wir unweit des Stadtzentrums und des Bahnhofs an, am Hafendamm des alten Hafens. Bis Martin kommt, haben wir noch genug Zeit, uns die Stadt anzusehen, etwas einzukaufen und ein gutes Abendessen zu kochen. In Kostrzyn endet unsere Bootsfahrt auf den polnischen Gewässern, auf einem Abschnitt der Internationalen Wasserstraße E 70.
Samstag, 12. Oktober: Von der Warta (Warthe) auf die Oder und nach Deutschland
Bald erreichen wir die Oder, den Grenzfluss zwischen Polen und Deutschland. Der mächtige Fluss fließt hier schnell Richtung Meer, die Fahrrinne ist an kritischen Stellen mit Bojen abgesteckt und es gibt hier einen relativ regen Frachtverkehr. Nach ca. 40 km biegen wir gegen Mittag von der Oder nach Westen auf den ca. 140 km langen Oder-Havel-Kanal ab. Es handelt sich um eine künstliche Wasserstraße, die einen Leckerbissen für alle Schiffer bietet: das Schiffshebewerk Niederfinow. Dieses Hebewerk ersetzte im Jahr 1934 die vier ursprünglichen Kammern und beschleunigte dadurch die Schifffahrt erheblich. Das senkrechte Hebewerk überwindet eine Höhe von 36 m. Die große Baustelle des neuen Hebewerks hier lässt jedoch erahnen, dass das alte Hebewerk dem erhöhten Verkehrsaufkommen nicht mehr genügt. Das neue Hebewerk soll im Jahr 2015 fertig werden. Wir übernachten auf dem 55. km des Kanals, in der „Marina Marienwerder“, die jeglichen Komfort bietet.
Sonntag, 13. Oktober: Bis nach Berlin
Das heutige Ziel heißt Berlin: das bedeutet 45 km Fahrt auf dem Kanal und zwei große Schleusen – Lehnitz und Berlin-Spandau. Gleich unter der Spandauer Schleuse mündet die Spree in die Havel und hier wollen wir heute vor Anker gehen. In Berlin gibt es gleich mehrere geeignete Anlegestellen für Sportboote, an denen man das Boot für 24 Stunden vertäuen kann, zwar ohne Dienstleistungsangebot, dafür aber umsonst. Viele von ihnen sind zentral gelegen. Und noch eine kleine Geschichte von der heutigen Fahrt: auf dem Kanal hat uns die Wasserschutzpolizei angehalten, weil wir zu schnell gefahren sind – anstatt der erlaubten 9 km/h bis zu 12 km/h. Einer Geldstrafe konnten wir schließlich entgehen, da wir uns „entsprechend reuig gezeigt haben“. Hier ist also Vorsicht geboten!
Montag, 14. Oktober: Missratene Fahrt durch Berlin
Entgegen dem Plan der Expedition haben wir uns entschieden, an einem Tag mit dem Boot das Zentrum von Berlin zu erkunden. Von der Anlegestelle in Spandau starten wir die Spree flussaufwärts und wollen uns das berühmte Pergamonmuseum und den Alexanderplatz ansehen. Nach ein paar Kilometer ist unsere Fahrt jedoch zu Ende, da wir keine Funkanlage besitzen, die für diesen Abschnitt Pflicht ist. Deshalb legen wir bei der nächsten Anlegestelle an und fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln weiter. Am Abend gehen wir wieder in Spandau vor Anker.
Dienstag, 15. Oktober: Über die Berliner Seen nach Potsdam
In der Früh starten wir bei schlechterem Wetter in Richtung der Berliner Seen – Wannsee und Jungfernsee – der berühmten Erholungsorte der Hauptstadt. Es ist ein kühler Tag unter der Woche und von Ferienyachten keine Spur. Für eine Stunde machen wir Halt an der Glienicker Brücke, berühmt vor allem durch den „Kalten Krieg“. Von hier aus ist es nicht mehr weit zum Schloss Cecilienhof. Unsere Fahrt endet in der Marina im Zentrum von Potsdam und wir runden unsere Erkundungsreise mit einer Besichtigung des Schlosses Sanssouci mit seinem Park ab.
Mittwoch 16. Oktober: Zu Besuch bei Freunden
Trotz Nebel und Nieselregen genießen wir die Fahrt auf den weiteren großen Seen im Westen von Potsdam. Es gibt keine Eile, bis zu der Marina Töplitz auf dem Großen Zarnsee sind es nur etwa 25 km. Hier sitzt auch das große Charterunternehmen Heinzig (www.heinzig.de). Unser Freund Wolfgang Heinzig kommt ausgerechnet heute Nachmittag mit einigen Booten von einer zehntägigen „Tour durch die Spree-Dahme-Region“ südöstlich von Berlin zurück und wir sind zu dem Abschlusstreffen aller Teilnehmer im hiesigen Restaurant eingeladen. In einer freundlichen Atmosphäre werden natürlich alle möglichen und unmöglichen Bootsgeschichten und Wassererlebnisse erzählt.
Donnerstag, 17. Oktober: Weitere Seen und Schleusen
Auf der heutigen Strecke erwarten uns wieder Schleusen – in Brandenburg und in Bahnitz. Dazwischen müssen wir den Plauer See passieren, einen der größten Seen in der Region Brandenburg. Es ist sehr windig und wir haben daher mit mehr als einen halben Meter hohen Wellen zu kämpfen. Hier sollte ich vielleicht anmerken, wie die Schleusendurchfahrt in Deutschland funktioniert. Es ist ziemlich einfach: vor jeder Kammer befindet sich ein Wartesteg für „Sportboote“ mit Telefon zur Schleuse. Dort meldet man sich an und bekommt von dem Bedienpersonal eine Durchfahrtszeit zugewiesen. Wir übernachten am Dorfankerplatz Bahnitz.
Freitag, 18. Oktober: Die Untere Havel flussabwärts
Weiter geht es auf der Unteren Havel. Dieser romantische, durch eine flache Landschaft fließende Fluss erinnert mit seinen schilfbewachsenen Buchten und vielen Altarmen und Nebenflüssen kaum an eine historisch wichtige Wasserstraße für Frachtverkehr, die heute allerdings mehr oder weniger verlassen ist. Wie sind wir aber eigentlich hierher geraten, wenn unsere Fahrt doch nach dem Expeditionsplan von dem Oder-Havel-Kanal in den Norden auf der Oberen Havel und dann weiter über den Müritzsee bis auf die Elbe gehen sollte? Die Strecke musste ein paar Tage vorm Start der Expedition wegen der Schließung der diese Wasserstraße mit der Elbe verbindenden Schleuse in Dömitz geändert werden. Wir übernachten in der Marina in Havelberg, unweit der Einmündung in die Elbe.
Samstag, 19. Oktober: Die Elbe und das Ende unserer Bootsfahrt
Die 40 km auf der Elbe waren ziemlich interessant. Die Elbe bildet hier einen mächtigen Fluss, der mit einer Geschwindigkeit von ca. 5 km/h fließt, und die Fahrrinne verläuft hier nicht immer durch die Mitte des Flussbetts, sondern ändert öfter die Richtung vom rechten zum linken Ufer. Sie ist mit Bojen abgesteckt und mit gelben Richtkreuzen gekennzeichnet und diese Kennzeichnung sollte unbedingt eingehalten werden. Und wenn man von einem großen Frachtschiff überholt wird, kann eine kleine Yacht richtig ins „Schaukeln“ geraten. Schon sehen wir die Eisenbahnbrücke vor Wittenberge, erreichen den städtischen Hafen, vertäuen unser Boot… und unser Teil der Expedition ist zu Ende. Morgen früh geht es nach Hause …
… die Expedition geht mit einer anderen Besatzung weiter.
Die Reise hat sich wirklich gelohnt. Ich war vor allem von dem polnischen Teil überrascht, von der malerischen Landschaft entlang der Wasserstraßen und den gut ausgestatteten Marinas. Und Deutschland? Ein hoher Standard überall. Und unsere Motoryacht „Vistula“ erwies sich als superzuverlässig, sparsam und komfortabel. Dieser Teil der Expedition ist einfach gelungen.
Oktober 2013